Blühbotschafter-Kongress 1

Gemeinsam den Sinkflug der Insekten stoppen

Vor Kurzem trafen sich rund 50 Blühbotschafter:innen in Lindau zum Erfahrungsaustausch zum Thema Insektensterben.

In Deutschland ist die Biomasse der Fluginsekten in den vergangenen 30 Jahren um fast 80% zurückgegangen. Allein bei den Wildbienen steht die Hälfte der Arten auf der roten Liste. Um gemeinsam diesen „Sinkflug der Insekten“ zu stoppen haben sich in den vergangenen Jahren rund 200 Ehrenamtliche aus dem süddeutschen Raum von der Bodenseestiftung und dem Bund Naturschutz Naturerlebniszentrum Allgäu zu „Blühbotschafter:innen“ ausbilden lassen mit dem Ziel, das Insektensterben zu verlangsamen. 50 davon haben sich in Lindau zu einem Kongress und zum Erfahrungsaustausch getroffen.

Lehrgang zur Blühbotschafter:in

Der 5-tägige Lehrgang beinhaltet viel Wissen über ökologische Zusammenhänge von Pflanzen und deren Bestäuber und zeigt vor allem auch mögliche Handlungsfelder auf. Blühbotschafter Gerhard Honold, Stadtförster der Stadt Immenstadt im Oberallgäu, hat ein solches Handlungsfeld in einem kleinen Oberallgäuer Dorf umgesetzt. Er zeigte in seinem Vortrag, was mit viel Idealismus im Kleinen möglich ist. Er hat in Untermaiselstein 1500qm Blühwiesen in einem Neubaugebiet durchgesetzt und mit Rückhalt des örtlichen Bauhofs und der Bevölkerung ein Insektenparadies geschaffen. Nachahmer fanden sich nach dieser Aktion auch in privaten Gärten. Das habe allerdings sehr viel Informations- und Überzeugungsarbeit vorausgesetzt, betonte Honold beim Kongress.

Blühbotschafter-Kongress 2
Laurence Neumann (2. von links), Umweltbildungsreferentin im Naturerlebniszentrum Allgäu, lud die Gäste des Blühbotschafterkongress dazu ein, auf Insektensuche zu gehen.
Bild: Anja Wischer, Bodensee-Stiftung

Das bestätigten auch andere Referenten auf der Tagung. Vor allem bei ordnungsliebenden Bürgern sei der Druck hoch, „etwas fürs Auge zu bieten“, erklärte etwa der Biologe und Insekten-Experte Alfred Karle-Fendt aus Sonthofen. Aber: Was ordentlich aussehe, sei aus ökologischer Sicht oft wenig wert – vor allem exotische Gartenpflanzen böten Insekten kaum Nahrung. Zudem würden durch regelmäßiges Mähen wichtige Strukturen zerstört.

Fendt lenkte den Blick auf die Bedeutung von Stängeln, Halmen und Blättern als Lebensraum für die verschiedenen Entwicklungsstadien von Insekten – vom Ei über Larve und Raupe bis zur Puppe. „Die unteren 10cm sind entscheidend!“, betonte er. „Höhere Wiesen ermöglichen zudem Insekten und Spinnen bei Starkregen das Überleben, indem sie an den Halmen hochkrabbeln können“. Fendt plädierte für mehr Strukturvielfalt in der Landschaft ebenso wie in den Gärten: Ideal sei eine Staffelung von Kräutern, Hochstauden und Gehölzen, um alle Lebensstadien von Insekten zu unterstützen.

Forstingenieur und Landschaftsarchitekt Gerhard Rohrmoser aus Oberstdorf und Simone Kern, Landschaftsarchitektin und Gartenbuch-Autorin aus Argenbühl ermutigten zur Pflanzung von alten, heimischen Gehölzen im Siedlungsbereich wie Elsbeere, Speierling oder Mehlbeere. „Gehölze mit ihren vielfältigen ökologischen Funktionen verbessern zudem das Mikroklima“, betonte Simone Kern. Wichtig sei eine kluge Auswahl: Angesichts von zunehmenden Trockenphasen seien Tief- und Herzwurzler (z.B. Kirsche) Flachwurzlern vorzuziehen.

Wie die Blühbotschafter:innen Kinder für Insektenschutz und -förderung sensibilisieren können, demonstrierte eindrücklich Laurence Neumann, Umweltbildungsreferentin im Bund Naturschutz Naturerlebniszentrum Allgäu in Sonthofen. Sie schickte die Tagungsgäste selbst auf Entdeckungsreise und machte so erlebbar, wie sich ökologisches Fachwissen zu Themen wie Artenvielfalt und -kenntnis sowie Lebensraumverlust in Kombination mit naturpädagogischen Methoden kindgerecht und anschaulich vermitteln lassen.

Saskia Wolf, Projektleiterin bei der Bodensee-Stiftung, ermutigte abschließend die Ehrenamtlichen, ihren Weg weiterzugehen: „Ihr müsst keine großen Projekte umsetzen. Auch kleine Elemente können viel bewirken.“

Selbst Blühbotschafter:in werden

Auch im nächsten Jahr gibt es wieder die Möglichkeit sich zum Blühbotschafter ausbilden zu lassen. Zum Beispiel beim Naturerlebniszentraum Allgäu ab April.

Weitere Informationen sind auf der Website www.bluehbotschafter.eu zu finden. Hier zeigt eine Landkarte, wo welche Blühbotschafter aktiv sind.

Die Bodensee-Stiftung gibt das Ausbildungskonzept interessierten Bildungsinstitutionen weiter. Interessierte können sich an Saskia Wolf wenden (saskia.wolf@bodensee-stiftung.org).

Die Blühbotschafter sind im Rahmen des Interreg Projekts „Bürger – Bienen – Biodiversität: Engagement mit Mehrwert“ ins Leben gerufen worden. Aktuell werden Aus- und Fortbildungen über das Interreg-Projekt „Zukunftsgrün“ finanziert.

Quelle: Bund Naturschutz Naturerlebniszentrum Allgäu / Aufmacherbild: Anja Wischer, Bodensee-Stiftung

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